Thema des Jahres

Das Privileg, neue Wege auszuprobieren zu dürfen

Topic of the year

Foto: Peter Messerli

Wenn es darum geht, komplexe und miteinander verflochtene Herausforderungen für Natur und Menschen zu lösen, arbeiten Wissenschaft und Praxis oft parallel zueinander. Obwohl sie vielleicht dieselben Ziele verfolgen, kommen die zwei sehr unterschiedlichen, aber komplementären Bereiche nur selten miteinander in Berührung. In den letzten drei Jahren hat die Wyss Academy for Nature daran gearbeitet, Verbindungen zwischen Wissenschaft und Praxis zu ermöglichen, zu fördern, zu pflegen und zu unterstützen. Zudem hat die Organisation einen integrativen Ansatz vorangetrieben, indem sie Dialoge mit politischen Entscheidungsträgern initiierte, Interessengruppen stärkte und sie ermutigte, gemeinsam Lösungen zu entwickeln und auf eine Weise zusammenzuarbeiten, die zuvor aufgrund gegensätzlicher Bedürfnisse und unvereinbarer Standpunkte undenkbar schien.

Im Jahr 2022 hat die Wyss Academy bedeutende Fortschritte bei der Erfüllung ihres Auftrags gemacht. Auf vier Kontinenten kamen neue Fachkräfte zu den Forschungs- und Innovationsteams hinzu. Zusätzliche Herausforderungen wurden ermittelt und praktische Lösungsansätze zu ihrer Bewältigung entwickelt – gestützt auf Wissen, das jenseits von wissenschaftlicher Fachliteratur und Lehrbüchern verfügbar ist. Forschende und Akteure, die Veränderung wünschen, besuchten gemeinsam die Landschaften, in denen wir arbeiten, und lernten von den Menschen vor Ort. Dabei konnten sie Informationen von externen Partnern einholen, kulturelle Besonderheiten kennenlernen und sich mit den Details der örtlichen Gesetze und Regeln vertraut machen.

Verschiedene Wissensarten kombinieren

Für die Wyss Academy ist es entscheidend, vor Ort präsent zu sein und Seite an Seite mit den lokalen Gemeinschaften zu lernen und zu handeln. Praxis und Wissenschaft bestimmen im Zusammenspiel die Qualität der geplanten Interventionen. Im Rahmen ihres inter- und transdisziplinären Ansatzes kombiniert die Wyss Academy drei verschiedene Arten von Wissen: Systemwissen, Zielwissen und Transformationswissen.

Systemwissen lässt sich grob als das wissenschaftliche Verständnis und die empirischen Nachweise davon beschreiben, wie die Menschen mit der Natur interagieren und umgekehrt. Dazu gehören zum Beispiel Informationen darüber, wie sich die Niederschlagsmuster in Kenias semiariden Landschaften im Zuge des Klimawandels entwickeln werden und wie sich das auf die Verfügbarkeit von Weideland und damit auf die Lebensgrundlage der dortigen Viehzüchter*innen auswirken wird. Systemwissen erlaubt es uns, Möglichkeiten für Veränderungen zu erkunden und innovative Lösungen zu finden.

Zielwissen hingegen bedeutet, mit den Menschen zu sprechen und die Ansprüche der verschiedenen Interessengruppen sowie ihre Hoffnungen und Wünsche für die Zukunft aus erster Hand zu erfahren. Es bedeutet zudem, diese Ideen in eine gemeinsame Vision umzuwandeln, um auf dieser Grundlage Massnahmen zu entwickeln, die mit den Erwartungen der Menschen an ihr Leben und an das Leben zukünftiger Generationen in Einklang stehen.

Transformationswissen schliesslich weist den Weg bei der Umsetzung von Veränderungen und ermöglicht es so, Verbesserungen zu erreichen. Hier besteht das Hauptziel darin, verschiedene mögliche Hebel für Veränderungen zielgerichtet zu erforschen, um die bestmöglichen Bedingungen für konkrete Ergebnisse zugunsten von Menschen und Natur zu schaffen.

Der Schlüssel zur Transformation

«Wir an der Wyss Academy for Nature sehen Innovation weder als Wunderlösung noch als isolierte Tätigkeit. Wir müssen mehrere Zahnräder in einem Uhrwerk kombinieren um Systeme zu verändern», sagt Dr. Peter Messerli, Direktor der Wyss Academy for Nature und Professor für nachhaltige Entwicklung. «Ausserdem müssen wir wissen, welches Ziel wir mit der Systemtransformation verfolgen. Wenn wir kein Ziel haben, verändern wir die Dinge einfach, ohne zu wissen, wo wir damit hinwollen. Deshalb ist es so wichtig, dass die verschiedenen Beteiligten und Interessengruppen eine gemeinsame Vision haben. Und wir wollen, dass diese Vision auf Wissen beruht, nicht auf Ideologie. Sie sollte gemeinsam diskutiert und ethisch fundiert sein. Und schliesslich brauchen wir ein zuverlässiges System für Monitoring und Evaluierung, damit wir aus unerwarteten Nebenwirkungen und möglichen Misserfolgen lernen und uns anpassen können», fügt Messerli hinzu.

Im Jahr 2023 setzt die Wyss Academy for Nature ihren Weg der Transformation und des positiven Systemwandels fort, indem sie Wissenschaft und Praxis verbindet und so für die Menschen und die Natur konkrete Verbesserungen erzielt.

Lesen Sie das Interview mit unserem Direktor und erfahren Sie mehr darüber, was unsere Arbeit an der Wyss Academy for Nature inspiriert.

 

 

Messerli

«Ein feuerfestes Haus bauen»

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